Effektiv Entscheidungen treffen

Eine schnelle Entscheidungsfindung wird häufig als sehr effizient angesehen. Die einfachste Art der Entscheidungsfindung ist die hierarchische. Dabei entscheidet eine von Unternehmen delegierte Person. Diese Art der Entscheidungsfindung hat sich aber in der modernen Welt als nicht die beste herausgestellt. Der Grund hierfür ist, dass in kreativen Berufen Entscheidungen auch korrekt umgesetzt werden müssen. Wenn diese nicht von allen beteiligten Personen getragen werden, leidet die Qualität der Umsetzung oder die Umsetzung wird nicht durchgeführt. 

In der Theorie soll das ganze Team die Entscheidung treffen. In der Praxis führt dies aber häufig zu langwierigen Diskussionen oder dazu, dass eine Person diese Entscheidung vorschlägt und diese dann nur abgenickt wird. Beides ist suboptimal. In der zweiten Variante werden Personen mit einer anderen Meinung oft als Querulanten gesehen. Als Mensch ist es sehr bequem eine Entscheidung der Gruppe zu tragen, obwohl die andere Perspektive / das andere Argument häufig noch bessere Lösungen zu Tage führen kann. 

Besonders erschreckend wird dieses Phänomen im Experiment von Asch, bei dem eine Gruppe eingeweihter Personen eine offensichtliche falsche Lösung auf eine einfache Frage geben. Die nicht eingeweihte Person, wird mindestens verunsichert sein, ob die offensichtlich richtige Antwort wirklich korrekt sein. Das Experiment hat aber auch gezeigt, dass einige Personen des Friedens Willen die falsche Antwort geben. Dies ist auch ein Grund, warum in agilen Projekten häufig Planning Poker gespielt wird. Alle beteiligten sollen ihre Meinung sagen und diese soll als Diskussion auf den Tisch liegen. Die Diskussion im Anschluss ist der wertvolle Gewinn, nicht die Zahl. 

Six-Thinking-Hats Methode 

Wie bekommen wir nun alle Optionen und Meinungen auf den Tisch? Während extrovertierte Personen diese vermutlich sagen werden, werden introvertierte Personen diese verschweigen. Eine gute Methode ist hier die „Six Thinking Hats“-Variante, bei der bewusst jede Person eine gewisse Rolle einnehmen und so unterschiedliche neue Perspektiven auf ein Problem oder einer Entscheidung geben soll. Dieser gezwungene Perspektivwechsel ist auch ein sehr gutes Training, um andere Meinungen besser zu verstehen. 
Die Six Hats sind dabei in Farben unterteilt und repräsentieren unterschiedliche Denkweisen. Wichtig ist immer, dass Emotionen bedacht werden (Rot) und es auch einen Skeptiker (Schwarz) gibt. Die weiteren Rollen sind moderierendes (Blau), analytisches (Weiß), optimistisches (Gelb) und kreatives (Grün) Denken. Beim kreativen Denken ist das Ziel immer noch weitere neue Ideen in die Runde zu bringen. 

Wenn alle Optionen bekannt sind, geht es in die Entscheidungsphase. Hierbei ist es wichtig, dass alle Personen an Bord sind und das alle Gegenstimmen korrekt eingeordnet werden. Ein Skeptiker kann und darf gerne skeptisch bleiben, solange er keine Red-Flags sieht oder das Vorhaben ggf. sogar zu boykottieren droht. Während man dieses Verhalten vor Ort noch gut interpretieren kann, ist es remote sehr schwer zu erkennen. Unter Umständen ist der Kollege, der in die Kamera grinst auch schon beim nächsten Katzenvideo, weil die gesamte Diskussion für ihn keinen Sinn mehr ergibt. Die einfachste Variante ist ein einfaches Thumb Voting. Auf drei zeigen alle den Daumen hoch, in die Mitte oder runter. Stimmt keiner dagegen, ist die Sache entschieden.  

Systemische Konsensieren 

Bei komplexeren Themen oder wenn es mehrere Alternativen gibt, eignet sich das systemische Konsensieren. Hierbei wird jede Alternative mit 1-10 Schmerzpunkten bewertet. Die Variante mit den wenigsten Schmerzpunkten gewinnt. Dabei ist es ratsam, noch zwei Barrieren einzuführen. Eine Driverbarrier (z.B. 2) und eine Vetobarrier (z.B. 7). Dabei kann eine Entscheidung nur gewinnen, wenn es mindestens einen driver gibt und kein Veto gibt. Eine Entscheidung ohne driver kann zwar die schmerzloseste Variante sein, aber sie wird vermutlich im Sande verlaufen, wenn keine Person sich dafür einsetzt, diese auch so umzusetzen. Ein Veto erklärt sich von selbst, dass bei jeder Entscheidung alle am Boot sind. Wenn es ein Veto bei jeder Variante gibt, sollten alle Bedenken aus der Welt geräumt werden, bevor eine Entscheidung in die Umsetzung geht. Mit diesem Vetorecht besteht auch die Möglichkeit das introvertierte Personen ihr Leid beklagen können. 

Nach der Entscheidung ist es wichtig, diese zu dokumentieren. In dieser Dokumentation sollten Argumente, unterschiedliche Optionen und die Abstimmung enthalten sein. Wichtig ist auch, dass hier nichts erfunden wird, damit diese Dokumentation später auch korrekt hinterfragt werden kann, wenn neue Erkenntnisse gewonnen wurden oder neue Personen im Team sind. Ein Architecture Decision Record, welches nur enthält „Wir haben gewürfelt“ wäre also eine legitime Dokumentation, da so klar ist, wieso diese Entscheidung so getroffen wurde.