Wieso sollte man eigentlich etwas an der Arbeitsweise ändern?
Dass es bestimmte Sektoren gibt, die besonders schädlich für die Umwelt sind, ist jedem bekannt. Emissionen, die bei zum Beispiel bei der Gewinnung von elektrischem Strom oder im Bereich der Luftfahrt entstehen, sind große Faktoren in der Gleichung.
So wird in einem wissenschaftlichen Artikel bereits 2015 davon gesprochen, dass im berechneten Worst-Case-Scenario die relative Emission der Informations- und Kommunikationstechnologien (ITC) um Jahr 2030 bei 23% liegen kann. Bereits jetzt beträgt der Anteil ca. 3-4 %, während die gesamte Luftfahrt bei ca. 3 % liegt.
Woher kommen denn eigentlich diese Emissionen, wenn ich doch nur digital arbeite?
Das ist die wichtigste Frage. Die meisten Menschen haben dafür kein Bewusstsein. Es ist bei weitem nicht so offensichtlich und wird nur selten in der Medienwelt dargestellt.
Das einfachste Beispiel ist der Stromverbrauch durch das Endgerät (Computer, Smartphone, etc.). Dieser Strom wurde erzeugt und zu dir geliefert. Die weltweite Stromerzeugung emittiert durch das Verbrennen von Kohle, Öl, etc. welche im Jahr 2021 für über 75 % der weltweiten Stromzusammensetzung verantwortlich war.
Hinzu kommen die Serversysteme, die jegliche Anfragen verarbeiten und dabei auch Energie verbrauchen.
Und um die Anfragen eines Endgeräts überhaupt erst erhalten zu können, muss dann noch eine Infrastruktur in Form des Internets bzw. eines Netzwerks bereit stehen, über die dann die Daten geleitet werden. Diese Übertragung nimmt natürlich auch einiges an Energie in Anspruch, da dies über elektrische Signale passiert oder Glasfaser, wofür aber auch eine elektrische Maschine zur Kodierung und Dekodierung genutzt wird.
Und schlussendlich gibt es noch die Hardware, die auch produziert wird und mit Fortschreiten der Technik ausgewechselt werden muss.
Generell sollte einem bewusst werden, dass jegliche Ressourcen, die ein Computer nutzt, auch Strom verbraucht. Ist der Arbeitsspeicher oder der Prozessor höher ausgelastet, verbraucht dies auch mehr Energie und das mit mindestens linearem oder steigendem Wachstum.
Worauf kann ich bei der täglichen Arbeit achten?
Je nachdem, was der eigene Tätigkeitsbereich ist, hat man verschiedenen Möglichkeiten:
- Als Entwickler kann man versuchen, seinen Code besonders performant zu schreiben. Denn, wenn die Verarbeitungszeit im Prozessor kürzer ist, ist die Last und somit auch der Stromverbrauch geringer.
- Das gleiche trifft auch auf den Arbeitsspeicher zu. Werden massenhaft Daten vorgehalten, die nicht mehr gebraucht werden, können diese auch freigegeben werden. Werden sie später wieder benötigt, können sie immer noch wieder geladen werden.
- Wichtig ist auch generell die Sprache, in der man eine Anwendung entwickelt. Hier eine Liste, die die Effizienz je Sprache darstellt. Es kann sein, dass andere Messungen zu anderen Ergebnissen kommen, jedoch ist es eine sehr gute Übersicht und wird in der Rangliste in sich stimmig sein.
- Auf Webseiten kann man Daten nachladen, anstatt die ganze Seite sofort zu laden. Außerdem können Medieninhalte (Bilder, Audio, Video) komprimiert eingebaut werden. Für andere Inhalte wie z.B. interaktive Anwendungen, die auf einer Seite eingebettet sind, kann man einen Button einbauen, durch den diese Anwendung erst bei Bedarf nachgeladen wird.
Oftmals werden auf Webseiten auch viele zusätzliche Daten wie Font-Files geladen, die zum Teil nicht einmal verwendet werden. Diese sollten entfernt werden. - Es kann auch Sinn ergeben, das Datenübertragungsformat für Schnittstellen von XML auf JSON zu ändern. Die Notation von XML ist länger und erzeugt somit mehr Overhead an Daten für die gleichen Informationen
- Bei der Auswahl von Hardware kann man darauf achten, ob diese für die gewünschte Anwendung besser oder schlechter geeignet ist. Zum Beispiel können gewisse Prozessoren effizienter für parallele Verarbeitungen sein als andere. Außerdem sollte man sich sehr genau überlegen, ob neue Hardware benötigt wird. Diese hat natürlich selbst auch in der Produktion erhebliche Emissionen.
- Man sollte sich Gedanken um die Ausführungszeiten von Jobs machen. Werden diese immer in der Nacht ausgeführt, so ist der Emissionsfaktor für diesen Strom deutlich höher. Zu erkennen ist dies in dem Screenshot anhand der Lila-Linie. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Schwankungen in der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien (z.B. Solar) zu bestimmten Zeiten nicht vorhanden sein kann und somit von konventionellen Energien kompensiert wird. Das bedeutet, tagsüber ist Strom deutlich „grüner“ als nachts.
- Es gibt eine Menge an frei verfügbaren Tools, die einem Helfen einen Überblick über die Emissionen zu bekommen, die durch IT-Systeme verursacht wird. Hier ein paar Beispiele:
Was macht am Ende wirklich einen Unterschied?
Um einen nennenswerten Effekt zu erzielen, sollte man versuchen, die großen Energieverbraucher ausfindig zu machen und genau bei diesen anzusetzen. Fürs Erste ist niemandem geholfen, wenn man zig Optimierungen umsetzt für eine Software, die ganzheitlich betrachtet kaum Energie verbraucht. Wichtig ist dabei nicht nur die einmalige Ausführung einer Software zu bewerten, sondern den Verbrauch in Bezug auf die Ausführungshäufigkeit. Ein Webseite-Aufruf mag kaum Energie verbrauchen, 1.000.000 Aufrufe hingegen schon.
Wenn man erst einmal angefangen hat, sich über die Dimensionen möglicher Optimierungen Gedanken zu machen, dann fallen einem auch diverse Lösungen ein.
Zeit für Out-of-the-Box-Denken!